GRUNDSTEUERREFORM
Was ist die Grundsteuer?
Jeder Grundstückseigentümer muss in Deutschland für sein Grundstück, unabhängig davon ob es bebaut oder unbebaut ist, eine Steuer entrichten.
Die Grundsteuer ist objektbezogen gestaltet und bezieht sich auf die Beschaffenheit und den Wert eines Grundstücks. Sie ist eine Realsteuer, bei der die persönlichen Verhältnisse des Eigentümers fast ausnahmslos unbeachtet bleiben. Die Höhe der Grundsteuer berechnet sich aktuell anhand des Einheitswerts, der bundeseinheitlich vorgegebenen Grundsteuermesszahl und des von den Gemeinden festgelegten Hebesatzes. Die Beschaffenheit und der Wert des Grundstücks finden bei dem Einheitswert Berücksichtigung.
Die Festsetzung des Werts erfolgt im sogenannten Einheitswertbescheid, welchen jeder Grundstückseigentümer nach der Abgabe einer Feststellungserklärung erhält. Grundsätzlich waren die Steuerpflichtigen verpflichtet, die Feststellungserklärung einmalig nach dem Erwerb eines Grundstücks oder stets nach baulichen Veränderungen beim zuständigen Finanzamt einzureichen. Die aktuell verwendeten Einheitswerte stammen teilweise aus den Jahren 1935 (neue Bundesländer) bzw. 1964 (alte Bundesländer) und entsprechen nicht mehr den tatsächlichen Wertverhältnissen der Grundstücke.
Warum gibt es eine Grundsteuerreform?
Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 2018 wurde höchstrichterlich entschieden, dass die geltenden Regelungen für die Grundsteuer verfassungswidrig sind. Das Bundesverfassungsgericht begründet die Verfassungswidrigkeit der Grundsteuer mit der Tatsache, dass die bisherigen Einheitswerte zum Teil auf Werten des Jahres 1935 (neue Bundesländer) und 1964 (alte Bundesländer) basieren und nicht mehr die aktuellen Wertverhältnisse widerspiegeln. Dies führt zu gravierenden und umfassenden Ungleichbehandlungen bei der Bewertung von Grundvermögen, da die Werte von Grundstücken und Gebäuden sich seit 1935/1964 sehr unterschiedlich entwickelt haben und die Grundsteuerzahlungen von den tatsächlichen Werten der Immobilien abweichen.
Das Bundesverfassungsgericht forderte die Politik auf bis spätestens Ende des Jahres 2019 eine verfassungskonforme Neuregelung zu treffen. Der Bund hat daraufhin ein einheitliches Modell für alle Länder entwickelt (sog. Bundesmodell), dieses allerdings mit einer Öffnungsklausel versehen. Die Öffnungsklausel ermöglicht es den Bundesländern, abweichend vom Bundesmodell, eigene Bewertungsverfahren für die Grundsteuer zu entwickeln und zu verabschieden.
Welche Grundsteuermodelle gibt es?
Eine Tabelle über die verschiedenen Modelle der Bundesländer finden Sie nachfolgend:
Übersicht Länderöffnungsklausel
Bundesmodell
Die Bewertung von Grundstücken erfolgt im Bundesmodell grundsätzlich nach dem Sachwertverfahren oder dem Ertragswertverfahren. Wohnungsgrundstücke werden dabei nach dem Ertragswertverfahren bewertet; Nichtwohngrundstücke nach dem Sachwertverfahren.
Bewertungsverfahren | Grundstücksart |
Ertragswertverfahren |
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Sachwertverfahren |
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Ertragswertverfahren
Bei dem Ertragswertverfahren ermittelt sich der Grundsteuerwert aus der Summe des kapitalisierten Reinertrags des Gebäudes und des abgezinsten Bodenwerts.
Kapitalisierter Reinertrag
Der Reinertrag eines Grundstücks ergibt sich aus dem Rohertrag des Gebäudes, abzüglich der nicht umlagefähigen Bewirtschaftungskosten. Der Rohertrag wird dabei nicht aus den tatsächlichen Mieten und Aufwendungen ermittelt. Vielmehr werden in Abhängigkeit von Land, Gebäudeart, Wohnfläche und Mietniveaustufen fiktive Nettokaltmieten und pauschale Bewirtschaftungskosten zu Grunde gelegt. Die Kapitalisierung des Reinertrags erfolgt mittels gesetzlich vorgegebener Zinssätze.
Abgezinster Bodenwert
Für die Ermittlung des abgezinsten Bodenwerts wird vom Wert des unbebauten Grundstücks ausgegangen. Zur Abzinsung des Bodenwerts ist ein Abzinsungsfaktor in Abhängigkeit vom Liegenschaftszinssatz und der Restnutzungsdauer maßgebend. Liegenschaftszinssätze sind die Zinssätze, mit denen der Wert von Grundstücken je nach Grundstücksart durchschnittlich und marktüblich verzinst wird. Die Restnutzungsdauer wird nach der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes und dem Gebäudealter zum Bewertungsstichtag ermittelt.
Sachwertverfahren
Nach dem Sachwertverfahren werden Grundstück und Gebäude getrennt voneinander betrachtet. Der Grundsteuerwert berechnet sich aus der Summe des Wertes für das unbebaute Grundstück und des Gebäudesachwerts.
Unbebautes Grundstück
Wird der Bodenrichtwert mit der Grundstücksfläche multipliziert, ergibt sich der Wert des unbebauten Grundstücks.
Gebäudesachwert
Bei der Ermittlung des Gebäudesachwerts ist von den Normalherstellungskosten auszugehen, die mit der Bruttogrundfläche des Gebäudes zu multiplizieren sind.
Die Normalherstellungskosten ermitteln sich in Abhängigkeit von der Gebäudeart und dem Baujahr. Der danach ermittelte Wert wird durch den aktuellen Baupreisindex des statistischen Bundesamtes angepasst. Eine Alterswertminderung wird dabei berücksichtigt.
Ländermodelle
Flächenmodell (Bayern)
In Bayern wird anstelle des Bundesmodells das Flächenmodell für die Bewertung von Grundstücken angewandt. Dabei steht die Wertunabhängigkeit der Grundstücke im Vordergrund. Bei dem Flächenmodell sind die wesentlichen Faktoren die Grundstücks- und Gebäudefläche, die Nutzungsart und der festgesetzte Hebesatz der Kommunen. Für die Berechnung der Flächen wird die entsprechende Größe des Grundstücks und des Gebäudes mit der entsprechenden wertunabhängigen Äquivalenzzahl multipliziert. Im Grundsatz wird für das Grundstück 0,04 Euro je Quadratmeter und für das Gebäude 0,50 Euro je Quadratmeter angesetzt. Daneben ist unter anderem für besonders große Grundstücke, Gebäude mit sozialem Wohnungsbau und Baudenkmäler ein zusätzlicher Abschlag vorgesehen. Abschließend wird der berechnete Wert mit der Steuermesszahl der Kommunen multipliziert. Nach der ersten Hauptfeststellung ist in Bayern erst bei relevanten Grundstücksänderungen eine erneute Feststellung notwendig. Eine regelmäßige Neubewertung nach 7 Jahre, wie bei dem Bundesmodell, ist in Bayern nicht vorgesehen.
Flächen-Lage-Modell (Niedersachsen)
In Niedersachsen wird das Flächen-Lage-Modell für die Grundsteuerneubewertung angewandt. Das Modell basiert in den Grundsätzen auf dem bayerischen Flächenmodell. Neben den Grund- und Gebäudeflächen tritt ein sogenannter Lagefaktor hinzu. Der Lagefaktor bestimmt sich nach den sogenannten Bodenrichtwerten. Die jeweiligen Bodenrichtwerte werden dabei mit dem Gemeindedurchschnitt in Relation gesetzt, um etwaige Ungleichbehandlungen von naheliegenden Grundstücken zu vermeiden. Abschließend wird wie im bayerischen Modell dieser Wert mit der entsprechenden Steuermesszahl multipliziert. Nach der ersten Hauptfeststellung ist regulär alle 7 Jahre eine weitere Hauptfeststellung vorgesehen. Zudem muss der Steuerpflichtige bei gravierenden baulichen Veränderungen vorzeitig eine neue Feststellungserklärung einreichen.
Flächen-Faktor-Modell (Hessen)
In Hessen wird das Flächen-Faktor-Modell für die Grundsteuerneubewertung angewandt. Das Modell basiert in den Grundsätzen auf dem bayrischen Flächenmodell. Als weiterer Bewertungsmaßstab tritt ein sogenannter Faktor hinzu, welcher die Grundsteuerbelastung mit der Nutzung der kommunalen Infrastruktur verknüpft. Dazu werden für die Berechnung die bereits vorhandenen Bodenrichtwertzonen genutzt. In Gemeinden mit keinen oder nur sehr geringen Unterschieden im Bodenrichtwertniveau führt die Anwendung des Faktors zu gleichen Ergebnissen wie das reine Flächenmodell. Weichen jedoch die festgelegten Zonenwerte vom örtlichen Durchschnitt der Bodenrichtwerte in stärkerem Maße ab, führt dies unter Umständen auch zu großen Unterschieden in der Bemessungsgrundlage der Grundsteuer. Nach der ersten Hauptfeststellung ist regulär alle 14 Jahre eine weitere Hauptfeststellung vorgesehen. Zudem muss der Steuerpflichtige bei gravierenden baulichen Veränderungen vorzeitig eine neue Feststellungserklärung einreichen.
Wohnlagemodell (Hamburg)
In Hamburg wird anstelle des Bundesmodells das Wohnlagemodell für die Bewertung von Grundstücken angewandt. Für die Neubewertung der Grundsteuer wird neben der Grundstücksfläche und der Gebäudefläche, zusätzlich die Wohnlage berücksichtigt. Die Bewertung erfolgt zunächst, ähnlich wie in Bayern, Niedersachen und Hessen, anhand der Flächengröße des Bodens und der Gebäude. Dabei werden Äquivalenzzahlen berücksichtigt. Erst nach der Berechnung anhand des Flächenmodells wird im Wohnlagemodell den städtebaulichen Interessen besondere Bedeutung beigemessen. Steuermesszahlen für Gebäudeflächen, die zu Wohnzwecken genutzt werden, werden um 50 Prozent gegenüber Gebäudeflächen, die nicht zu Wohnzwecken genutzt werden, begünstigt. Darüber hinaus erfolgt bei „normalen“ Wohnlagen im Gegensatz zu „guten“ Wohnlagen eine zusätzliche Ermäßigung von 25 Prozent. Die Einteilung von Grundstücken in „normale“ und „gute“ Wohnlage erfolgt in Hamburg durch den Hamburger Mietspiegel, der die Grundstücke in die entsprechenden Kategorien einteilt. Nach der ersten Hauptfeststellung ist regulär keine weitere Bewertung vorgesehen. Ausschließlich bei baulichen Veränderungen ist der Steuerpflichtige zur Neubewertung verpflichtet.
Modifiziertes Bodenwertmodell (Baden-Württemberg)
In Baden-Württemberg wird anstelle des Bundesmodells das modifizierte Bodenwertmodell für die Bewertung von Grundstücken angewandt. Dabei basiert die Neubewertung im Wesentlichen auf der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert. Für die Ermittlung werden beide Werte miteinander multipliziert. Der daraus ermittelte Bodenwert wird anschließend mit der Steuermesszahl und dem Hebesatz der Gemeinde multipliziert. Für überwiegend zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke erfolgt hierbei ein Abschlag in Höhe von 30 Prozent. Nach der ersten Hauptfeststellung ist regulär alle 7 Jahre eine weitere Hauptfeststellung vorgesehen. Zudem muss der Steuerpflichtige bei gravierenden baulichen Veränderungen vorzeitig eine neue Feststellungserklärung einreichen.